„Wir sind belauscht mit Ohr und Blick …“

Ludwig van Beethovens „Fidelio“

 

Beethovens einzige Oper basiert auf einer wahren Begebenheit: Unter dem Namen Fidelio („der Treue“) verdingt sich Leonore als Gefängnisgehilfe, um ihren Geliebten Florestan vor einer widerrechtlichen Hinrichtung zu retten. Beethoven kleidet die Hoffnung Leonores auf Freiheit, ihr Streben nach Gerechtigkeit und ihren mutigen Kampf gegen politische Willkür in ergreifende Musik. Daher ist diese Befreiungsoper seit ihrer Uraufführung (1805) bis heute aktuell geblieben. 

 

Doch selten wurde in der Operngeschichte eine Aufführung dieses Werkes derart von der Tagespolitik eingeholt: Als am 7.10.1989 anlässlich des 40. Jahrestages der DDR die Premiere „Fidelio“ in der Inszenierung von Christine Mielitz auf dem Spielplan der Semperoper stand, demonstrierten zeitgleich Zehntausende – flankiert von Polizei-und Militärfahrzeugen – in der Dresdner Innenstadt. Während sie auf der Straße ihre Stimme für eine Welt ohne Gewalt und Unterdrückung erhoben, ertönte auf der Bühne die glühende Forderung nach Freiheit und Gerechtigkeit. Das Bühnenbild, ein modernes Gefängnis mit Hochsicherheitstrakt und meterhohem Stacheldraht, wurde zur leicht durchschaubaren Metapher für das geschlossene System der DDR. In der brodelnden Atmosphäre kurz vor der Wende waren gesellschaftliche Realität und Bühnenkunst zu einer beklemmenden Einheit verschmolzen, die diese Inszenierung des "Fidelio" in die Musiktheatergeschichte eingehen ließ. „O Gott! Welch ein Augenblick!“